„Entschuldigung, ein indonesisches Batik-Hemd ist kein Hawai Hemd“

Batik: Geschichte und kultureller Wert als Indonesiens Kulturerbe

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Ich kann mich daran erinnern, dass eine Freundin aus Deutschland beim ersten Besuch in Indonesien ihr Erstaunen über „Hawai Hemden“, die viele Teilnehmer bei einem Pädagogischen Kongress in Jakarta, zum Ausdruck brachte. Sie hatte keinen Hintergrund über Batikkultur in Indonesien, und ich habe dann begonnen, ihr langsam etwas über das indonesische Weltkulturerbe Batik zu erzählen. Es ist eigentlich nicht so schwer, mit den Menschen in Deutschland über Batik ins Gespräch zu kommen, denn Batik ist hier für viele Leute längst als Textil-Färbetechnik bekannt … aber die weit zurückreichende Tradition der Batikproduktion, die regionale Vielfalt der Motive, die weltberühmten indonesischen DesignerInnen sowie die damit zusammenhängenden Werte für das indonesische Volk kennt nicht jeder. Ich habe meiner Freundin dann auch erzählt, dass Nelson Mandela sich von einem indonesischem Batikdesigner Batik-Hemden anfertigen lassen hat … er trug also ganz bewusst Batik … und kein Hawai-Hemd“.

Das Wort „Batik“ leitet sich aus der javanischen Sprache her. „Ambatik“ bedeutet soviel wie „Zeichnen, Schreiben“. Die Silbe „tik“ in dem Wort hat die Bedeutung „Punkt“ oder „kleiner Tropfen“ bzw. es bezeichnet auch den kurzen Laut, den z.B. ein Tropfen verursacht. Die Landessprache Bahasa Indonesia übernimmt dieses Wort, „Titik“ bedeutet „Punkt“.

Unter „Batik“ versteht man eine Färbetechnik zur kunstvollen Stoffmusterung unter Zuhilfenahme von Wachs. Einfach gesagt, das Prinzip des Batikverfahrens ist folgende: Der zu verzierende Stoff wird teilweise mit flüssigem Wachs abgedeckt und an eben diesen Stellen vor der wässrigen Farbstofflösung geschützt … je mehr kleine Punkte das fertige Produkt enthält, desto wertvoller ist es, weil immense Arbeit darin steckt. Batiken ist eine Technik, die seit Jahrhunderten in Indonesien gepflegt wird. Der Ursprung der Batiktechnik ist jedoch unbekannt … die Forschung hat bislang diese Frage noch nicht geklärt.

Bei der Arbeit benutzt man natürlich Werkzeuge. „Canting“ ist das Werkzeug, mit welchem mittels Heißwachs Punkte und Linien auf Stoff aufgetragen werden. Im anschließenden Farbbad bleibt die ursprüngliche Farbe des Stoffes unter den Punkten und Linien erhalten, der Rest färbt sich ein. Man entfernt die Wachsreste durch Erhitzen. Dieses Verfahren muss man mehrmals durchführen … bis die gewünschten Farbkombinationen erreicht werden. Zu beachten, mit hellen Farben zu beginnen und mit dunklen den Färbeprozess abzuschließen. Darüber hinaus müssen beim Färben Farbmischeffekte berücksichtigt werden.

Entwicklung der Batikkunst in Indonesien

Die Forschung hat bislang herausgefunden, dass die Batiktechnik zwar seit langer Zeit auf Java, doch auch im gesamten indonesischen Archipel bekannt war, z.B. im Innern von Sulawesi; auch die Toraja stellten Totentücher und Kopftücher in einfacher Wachreserve[1] her.

Die verwendeten Muster und Motive haben kulturell tief verankerte symbolische Bedeutungen, die traditionell mit dem sozialem Status, der lokalen Gemeinschaft, Natur, Geschichte und dem kulturellen Erbe verbunden sind. Die klassischen Batikmuster sind zum Teil als Reliefmuster von Steinskulpturen des 9.-13. Jahrhunderts bekannt. Eindeutige Erwähnung von javanischen Batikkleidern in der Literatur gibt es erst ab dem 15. Jahrhundert. Anfang des 17. Jahrhunderts wird von einer Blütezeit der Batikkunst in Mitteljava zur Zeit des Sultans Agung berichtet.

Nach der Islamisierung wurde die bildliche Darstellung von Lebewesen untersagt, jedoch lebten hinter den Palastmauern die alten Symbole weiter. Sogenannte „Larangan“-Mustern (verbotene Muster) waren nur dem Fürsten und seiner Familie vorbehalten und durften nur von den Mitgliedern der Herrscherfamilien getragen werden. Trotz dieser höfischen Extraregelung ist Batik jedoch immer eine echte Volkskunst gewesen … bis heute tragen Frauen, Männer und Kinder zu offiziellen Anlässen traditionelle Batik-Kleidung.

Früher wurde Batik für eigenen Bedarf hergestellt und nur selten mit kommerzieller Absicht. Erst im 19. Jahrhundert stieg die Nachfrage nach Batik so stark an, dass Manufakturen die Herstellung übernahmen und nur noch für den Verkauf arbeiteten. Diese Geschäfte waren oft in der Hand von Arabern und Chinesen. Fremde Einflüsse machten sich zuerst an der Nordküste bemerkbar. Nicht nur von chinesischen – sondern auch von europäischen Mustern. Auch Frauen der holländischen Kolonialisten fingen an, sich die Zeit mit Batikentwürfen zu vertreiben. Die Erfindung von „Cap“, Raportstempel aus Kupfer und Anilinfarbstoffen brachten der Batik-Industrie enormen Aufschwung.

Batik lieben lernen

Für einige junge indonesische Menschen bedeutet das Tragen von Batik „Zwang“ – Batik als feine Kleidung für Feste und Feiern – für sie ist Batik wie eine Uniform und sie setzen das gleich mit Anpassung und Konvention, was sie oft ablehnen.

Ich dagegen habe in den 80er-Jahren Batiken in Extracurricula-Kursen gelernt. In der normalen indonesischen Regelschule, zum Beispiel im Kunstunterricht, lernte man damals nicht das Batiken. Das war in Deutschland zur selben Zeit anders, ich habe in Hamburg beobachtet, dass in vielen Grund- und weiterführenden Schulen Batik Teil des Kunstunterrichts ist oder im Kursunterricht vermittelt wurde. Ich war damals jedenfalls froh, diese Kunst erlernen zu können, weil ich Batikstoffe sehr gerne trage – auch im Alltag. Für mich ist Batik eine erhaltenswerte Kunst … also Liebe für den einen und Hass für den anderen.

In Indonesien, verstärkt durch Globalisierungsprozesse, Modernisierung und die damit einhergehende Veränderung der Lebensstile, hat sich das Interesse der jüngeren Generation an der traditionellen Batik-Kunst stark verringert. Seit dem 2. Oktober 2009 hat sich die Haltung doch ein wenig geändert. Seit diesem Tag gehört die Kunst der handgemachten Batik aus Indonesien offiziell zum „lebendigen Weltkulturerbe“ der UNESCO und das ganze Land feierte an diesem Tag die Würdigung des Batik-Handwerks. Die UNESCO hat mehrere pädagogische Programme unterstützt, um „Batiken“ in das Schulcurriculum zu implantieren, so ist zum Beispiel ein Programm in Kooperation mit dem Batik-Museum in Pekalongan in Zentraljava entstanden, bei dem die Vermittlung der traditionellen Batik-Kunst als Technik und die Reflexion über die damit verbundenen kulturellen Werte in den offiziellen Lehrplan von Grundschulen, weiterführenden Schulen und Fachhochschulen integriert wurden.

Der 2. Oktober gilt nun offiziell als der nationale Batik-Tag. Die Batik Industrie boomt wie nie zuvor, indonesische Modedesigner kreieren aus Batikstoffen auch moderne, tragbare und schicke Mode für jung und alt und für alle Anlässe. Batik Kleidung ist also in der letzten Zeit „in“ geworden.


1. Reservetechnik ist die Bezeichnung für indirekte Färbeverfahren, die u. a. bei Textilien wie die Batiktechnik und bei Papier Verwendung finden.

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